Fachkommentar zu Alert 09.2011 KH-CIRS-Netz Deutschland Drucken
07.11.2011
Krankenhaus-CIRS-Netz Deutschland Alert „September 2011“: Reste des Gummistopfens in der Perfusorspritze

Fachkommentar des Fachbeirats CIRSmedical.de (BDA/DGAI).

Download Fachkommentar Fall-Nr. 18173 (PDF)

Seite Alerts des Krankenhaus-CIRS-Netz Deutschland: www.kh-cirs.de/alerts/index.html

Autor: Prof. Dr. med. habil. Matthias Hübler, Dresden

Das Europäische Arzneibuch (Pharmacopoea Europaea, Ph. Eur.) ist ein für Arzneimittel nach europäischem und deutschem Recht verbindliches Werk. Es enthält unter anderem Vorschriften für Arzneistoffe, Darreichungsformen, Behältnisse und die dafür verwendeten Materialien, um die Qualität von Arzneimitteln sicherzustellen.
Zahlreiche Medikamente werden von den Herstellern in Ampullen oder Flaschen geliefert, die mit einem Gummistopfen als Verschluss versehen sind. In der Ph. Eur. sind die Qualitätsanforderungen an die Gummistopfen festgelegt – ein Ausstanzen eines Gummipartikels im Rahmen einer Qualitätsprüfung ist hiernach zulässig (aber nicht risikolos, siehe unten).

Folgende Faktoren begünstigen das Ausstanzen eines Gummipartikels:
  • Nadel mit einem Außendurchmesser größer als 0,8 mm (dies entspricht 21 Gauge, grüne Kanüle)
  • Schliff und Silikonisierung der Nadel
  • zu große Wucht beim Einstechen der Nadel in den Gummistopfen
  • schräges Einstechen der Nadel in den Gummistopfen
  • Drehbewegungen beim Einstechen der Nadel in den Gummistopfen
Die Tatsache, dass ein Ausstanzen eines Gummipartikels im Rahmen einer Qualitätsprüfung erlaubt ist, bedeutet aber nicht, dass dieser Gummipartikel kein Gefahrenpotential birgt.

Partikel in Infusionslösungen können folgende negative Wirkungen im Körper entfalten [1]:
  • direkte Gefäßembolisation
  • Aktivierung von Thrombozyten und Leukozyten
  • Störung der Mirkozirkulation
  • Traumatisierung der Gefäße
  • Phlebitis
Die Ph. Eur. schreibt deshalb weiter vor, dass „Lösungen zur Injektion, unter geeigneten Bedingungen geprüft, klar und praktisch frei von Teilchen sein müssen [2].” Finden sich bei der Prüfung Fremdpartikel, müssen die parenteralen Lösungen verworfen werden.

Maßnahmen für den klinischen Alltag:
  • Risikofaktoren beachten: Bei der Zubereitung von parenteralen Lösungen sollten die oben aufgeführten Risikofaktoren für ein Ausstanzen stets berücksichtigt werden.
  • Visuelle Prüfung: Vor der Applikation muss visuell geprüft werden, ob sich Fremdpartikel in der Lösung befinden.
  • Keine Verwendung geschliffener Kanülen bei Gummistopfen: Geschliffene Kanülen sollten beim Aufziehen von Medikamenten, die sich in einem Behältnis mit Gummistopfen als Verschluss befinden, nicht verwendet werden.
  • Zunächst Luft/Lösungsmittel in Gefäß injizieren: Nach dem Durchstechen des Gummistopfens sollte zunächst etwas Luft bzw. Lösungsmittel in das Gefäß injiziert werden, um einen evtl. vorhandenen Gummipartikel nicht in die Spritze zu aspirieren.
  • Nicht-geschliffene Kanülen oder Air-Spikes verwenden: Alternativ zur Verwendung von Nadeln bieten sich entweder nicht-geschliffene Kanülen oder bei größeren Spritzen wie z.B. Perfusorspritzen die Verwendung von Air-Spikes an.
  • Zum Medikament passende Air-Spikes verwenden: Bei der Verwendung von Air-Spikes ist zu beachten, dass diese mit und ohne Bakterienfilter angeboten werden. Manche Medikamente (z.B. Propofol) dürfen nicht durch Bakterienfilter appliziert (oder aufgezogen) werden.

Literatur:

[1] Panknin H-T. Infusionsfilter: Gibt es neue wissenschaftliche Hinweise zu ihrem Nutzen. Intensiv 2005; 13: 155-58

[2] Ph. Eur. 6.0/0520

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