Fachkommentar zu Fall des Monats 01/2019 KH-CIRS-Netz Deutschland Drucken
03.01.2019
Krankenhaus-CIRS-Netz Deutschland: Fall des Monats „Januar 2019“: „Zu schnelle Medikamentengabe“

Fachkommentar des Fachbeirats CIRSmedical.de (BDA/DGAI)

Download Fachkommentar Fall-Nr. 188462 (PDF)

Autor: Prof. Dr. med. habil. Matthias Hübler in Vertretung des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten (BDA) und der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie & Intensivmedizin (DGAI)

Bekanntermaßen wirken rasch ansteigende Kaliumspiegel kardioplegisch, weshalb eine Bolusgabe obsolet ist. Von den Herstellern wird eine maximale Infusionsgeschwindigkeit von 20 mmol/h über einen zentralvenösen Zugang angegeben. Laut Beipackzettel darf das Konzentrat nicht unverdünnt angewendet werden. Allerdings ist es üblich – wie in dem Fall angeordnet – eine kontrollierte, unverdünnte Gabe mittels Perfusor durchzuführen.
 
Auch wenn der medizinische Sachverhalt eigentlich nicht Thema der Meldung ist, so darf angemerkt werden, dass die Gabe von Elektrolytkonzentraten stets sorgfältig überlegt werden sollte. Von einer Korrektur von Laborwerten ohne klinische Symptomatik oder anderer eindeutiger Indikation ist abzuraten.
 
In den Bereichen Anästhesie, Aufwachraum und Intensivmedizin ist die Arbeit ohne die Übernahme von zahlreichen ärztlichen Tätigkeiten durch Pflegekräfte undenkbar. Grundsätzlich handelt es sich bei der Gabe intravenöser Medikamente um eine ärztliche Tätigkeit, die unter bestimmten Voraussetzungen delegierbar ist [1, 2]. Die zitierten Entschließungen der anästhesiologischen Fachgesellschaften fordern Fachpflegestandard. Hintergrund ist (wahrscheinlich), dass im Rahmen der Fachpflegeausbildung auch Nebenwirkungen von Medikamenten vermittelt werden. Die praktische Vermittlung intravenöser Injektionen ist aber nicht Gegenstand der Ausbildung.
 
Das Deutsche Krankenhausinstitut fordert [3], dass „der delegierende Arzt eine intravenöse Injektion im Einzelfall nur auf examinierte Gesundheits- und KrankenpflegerInnen übertragen darf, sofern diese (1) die Injektionstechnik theoretisch und praktisch beherrschen, (2) eine hausinterne oder externe Schulung absolviert haben und (3) sich die Applikation auf einer Medikamenten-Positivliste befindet.” Eine schriftlich fixierte Anordnung des Arztes inklusive Angaben zu dem Medikament, der Dosis und der Art der Applikation wird oft gefordert, ist aber in den Bereichen Anästhesie und Aufwachraum unüblich und kaum praktikabel.
 
Weiter muss sich der Arzt (persönlich) davon überzeugt haben, dass die Pflegekraft, an die die Aufgabe delegiert wurde, auch die entsprechende Qualifikation besitzt. Diese Forderung ist illusorisch und es empfiehlt sich daher, krankenhausintern – wie vom DKI gefordert – die Gabe intravenöser Medikamente im Rahmen der Einarbeitung neuer Pflegekräfte grundsätzlich zu schulen und dies zu dokumentieren.
 
Übernimmt eine Pflegekraft die Durchführung, trägt sie auch die Verantwortung. Bestehen Unsicherheiten oder Zweifel muss nachgefragt werden. Die Tatsache, dass die Pflegekraft in der Meldung die Gabe fraktioniert und langsam durchführte, könnte als ein Hinweis auf eine Unsicherheit gedeutet werden. Warum hat sie sich nicht rückversichert?
 
Literatur:
  • [1] Entschließung der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. und des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten e.V. Ärztliche Kernkompetenz und Delegation in der Anästhesie. Anästh Intensivmed 2007; 48: 712-4.
  • [2] Entschließung der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin und des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten. Ärztliche Kernkompetenz und Delegation in der Intensivmedizin. Anästh Intensivmed 2008; 49: 52-3.
  • [3] Offermanns M, Bermann KO. Neuordnung von Aufgaben des Ärztlichen Dienstes – Bericht des Deutschen Krankhausinstituts (DKI). 2008. www.dki.de/sites/default/files/downloads/neuordnung-aerztlicher-dienst_langfassung.pdf

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