Fachkommentar zu Fall des Monats 11/2021 KH-CIRS-Netz Deutschland Drucken
02.11.2021

Krankenhaus-CIRS-Netz Deutschland: Fall des Monats „November 2021“: „Begleitumstände, die eine niedrige Körpertemperatur beeinflussen“

Fachkommentar des Fachbeirats CIRSmedical.de (BDA/DGAI)

Download Fachkommentar Fall-Nr. 228063 (PDF)


Autor: Priv. Doz. Dr. med. Michael St.Pierre in Vertretung des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten (BDA) und der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie & Intensivmedizin (DGAI)


Ihr Bericht schildert, wie eine Reihe an ungünstigen Faktoren dazu beigetragen haben, dass ein Rollbrett für die Dauer der Operation unter dem Patienten gelassen wurde. Sie führen die Körperkerntemperatur von 35°C am Ende der Operation auf
diesen Sachverhalt zurück. Ob dies in der Tat für den Fall der ursächliche Grund war, kann aus der Ferne nicht beurteilt werden. Aber Ihr klinischer Eindruck, Ihr "Bauchgefühl", hat Ihnen den Eindruck gegeben, dass sich der Patient unter den geschilderten Bemühungen „eigentlich” anders verhalten müsste (sprich: wärmer werden), as Rollbrett stellt eine plausible Erklärung dar.

Ihre Analyse illustriert dann aber sehr anschaulich ein psychologisches Phänomen, welches quasi zur „seelischen Grundausstattung” von Menschen aller Altersgruppen gehört und sich in der Analyse von Zwischenfällen häufig findet: Der
sogenannte „Rückschaufehler” (engl.: hindsight bias). Dieser psychologische Mechanismus, dessen evolutionäre Bedeutung der Vermeidung von subjektiver Unsicherheit und gefühlter Unkontrollierbarkeit dient, konstruiert in dem Wissen um den
Ausgang einer Situation eindeutige Zusammenhänge, welche zum Zeitpunkt, in dem die weitere Entwicklung für den Entscheider noch völlig unklar war, so nicht existierten. Im konkreten Fall daran erkenntlich, dass Sie ein Kommunikationsdefizit attestieren, wo keines war, weil die Information zu dem Zeitpunkt keine Relevanz hatte: Die Suche nach dem Rollbrett hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht dazu geführt, dass man es unter dem Patienten vermutet, sondern dass man andere Ursachen für wahrscheinlicher gehalten hätte. Auf diese "post hoc-Fehlschlüsse" sollte man in der Analyse von Zwischenfällen immer ein Auge haben.

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