Fachkommentar zu Fall Nr. 235647 KH-CIRS-Netz Deutschland Drucken
03.08.2022
KH-CIRS-Netz Deutschland: Fall Nr. 235647: „Atemwegssicherung bei der Sedierung des Patienten“

Fachkommentar des Fachbeirats CIRSmedical.de (BDA/DGAI)

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Autor: Prof. Dr. med. habil. Matthias Hübler in Vertretung des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten (BDA) und der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie & Intensivmedizin (DGAI)

Sedierende Maßnahmen im Rahmen von Untersuchungen oder therapeutischen Interventionen sind häufig notwendig, um diese zum einen in adäquater Qualität durchführen zu können und zum anderen die Belastung der Maßnahmen für die betroffenen Patienten zu reduzieren. In dem Fall kam es durch die Sedierung zu einem inspiratorischen Stridor, der typisch ist für eine Verlegung des Atemwegs. Die Verlegung wurde erkannt und versucht zu therapieren, bis schließlich ein Anästhesist hinzugerufen wurde, der sich der Sedierung und der Überwachung annahm.

Sedierungen durchzuführen gleicht oft einem Drahtseilakt. Die Meldung ist insofern sehr lehrreich, da sie veranschaulicht, dass es eine anspruchsvolle Tätigkeit ist, die nur dann durchgeführt werden sollte, wenn das Personal mögliche Komplikationen therapieren kann. Ideal ist es natürlich, wenn ein Spezialist bei Bedarf schnell hinzugezogen werden kann.

Die S3-Leitlinie, die sich mit dem Thema „Sedierung in der gastrointestinalen Endoskopie” beschäftigt, ist etwas veraltet und zurzeit in Überarbeitung [1]. Nichtsdestotrotz haben die dort getätigten Aussagen weiter ihre Berechtigung.
  • Essentiell ist die Forderung, dass eine Sedierung nicht nebenbei erfolgen sollte, sondern dass speziell geschultes Personal sich ausschließlich mit der Überwachung und der Medikamentengabe befasst.
  • Die Wahl der Medikamente ist von nachrangiger Bedeutung. Entscheidend ist eher, dass das Personal Erfahrung mit dem Wirkungseintritt und mit den Nebenwirkungen hat [2].
  • Der Übergang von einer Sedierungstiefe mit erhaltenen Schutzreflexen zu einer Sedierungstiefe mit Verlust derselben ist oft fließend und überraschend und deshalb nicht immer steuerbar. Sinnvoll ist es deshalb, den Sedierungsgrad zu objektvieren (z.B. Richmond Agitation-Sedation Score (RASS) oder Sedierungsstadien der American Society of Anesthesiologists) und während der Untersuchung zu protokollieren.
  • Zusätzlich muss vor Beginn einer Sedierung das Risikoprofil des Patienten bestimmt werden. Finden sich z.B. Abnormalitäten im Bereich des Atemwegs, ist der Patient nicht kooperativ oder hat er insbesondere kardio-pulmonale Vorerkrankung, die seine Leistungsfähigkeit deutlich einschränken, sollte bereits bei der Planung ein Anästhesist mit hinzugezogen werden.
  • Es versteht sich von selbst, dass eine apparative Überwachung des Patienten erfolgen muss. Eine neue technische Entwicklung ist die Überwachung der Atmung über eine Messung des exspiratorischen CO2. Dies ist zwar (noch) nicht gefordert aber sinnvoll und empfehlenswert. Weiter müssen nicht nur die Geräte für eine Notfallbehandlung vorhanden sein, sondern das Personal auch regelmäßige Schulungen erhalten.
  • Die Überwachung endet nicht mit der Untersuchung, sondern muss so lange durchgeführt werden, bis die Medikamentenwirkungen größtenteils abgeklungen sind.

Zusammenfassend wurde in dem Fall alles richtig gemacht: Der Patient hatte keine wesentlichen Vorerkrankungen, so dass nichts gegen die Durchführung einer Sedierung ohne Anästhesisten sprach. Das involvierte Personal hat das Problem erkannt, dies zunächst versucht zu beheben und schließlich Hilfe gerufen, so dass der Patient nicht gefährdet war. Die Meldung verdeutlich aber, wie wichtig es ist, sich auf Komplikationen vorzubereiten und ein regelmäßiges Training zu erhalten.

Literatur:

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