Fachkommentar zu Fall Nr. 246203 KH-CIRS-Netz Deutschland Drucken
14.02.2023
KH-CIRS-Netz Deutschland: Fall Nr. 246203: „Falsch angeschlossene Schläuche an der Beatmungsmaschine“

Fachkommentar des Fachbeirats CIRSmedical.de (BDA/DGAI)

Download Fachkommentar Fall-Nr. 246203 (PDF)

Autor: Prof. Dr. med. habil. Matthias Hübler in Vertretung des Berufsverbandes Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten (BDA) und der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie & Intensivmedizin (DGAI)

Die Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) enthält Vorschriften, die für das sichere Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten verlangt werden. So steht in §3 (1):

„Der Betreiber hat die ihm nach dieser Verordnung obliegenden Pflichten wahrzunehmen, um ein sicheres und ordnungsgemäßes Anwenden der in seiner Gesundheitseinrichtung am Patienten eingesetzten Medizinprodukte zu gewährleisten.”

In §4 (6) MPBetreibV wird dezidiert auf den Anwender (im Fall: der Anästhesist) eingegangen:

„Der Anwender hat sich vor dem Anwenden eines Medizinproduktes von der Funktionsfähigkeit und dem ordnungsgemäßen Zustand des Medizinproduktes zu überzeugen und die Gebrauchsanweisung sowie die sonstigen beigefügten sicherheitsbezogenen Informationen und Instandhaltungshinweise zu beachten.”

Die Kommission für Normung und technische Sicherheit der DGAI hat eine Empfehlung herausgegeben, wie diese rechtlichen Vorgaben erfüllt werden können [1]. Grundsätzlich gibt es 3 Stufen der Kontrollen, die durchgeführt werden müssen:
  • Sicherheitstechnische Kontrolle (STK)
Die STK ist die aufwändigste Prüfung eines Medizinproduktes und umfasst Wartung, Inspektion und ggf. Instandsetzung nach Empfehlungen des Herstellers. Durchgeführt wird sie durch einen autorisierten Techniker des Herstellers in regelmäßigen Intervallen (meist alle 2 Jahre).
  • Gerätecheck
Der Gerätecheck muss immer dann durchgeführt werden, wenn ein Patient an das Beatmungsgerät angeschlossen werden soll und der letzte Check mehr als 24 h zurückliegt. Je nach Beatmungsgerät beträgt der Zeitaufwand 10-20 min, weshalb in
Notfallsituationen darauf verzichtet werden kann.

In den meisten Krankenhäusern ist es üblich, nach Beendigung des OP-Programms die Anästhesiegeräte auszuschalten. Ausgenommen werden in der Regel Arbeitsplätze, die stets einsatzbereit sein müssen (z.B. Kreißsaal, Schockraum, Not-OP, etc.). Am Anfang eines normalen Arbeitstages wird der Gerätecheck durchgeführt. Verantwortlich für die Durchführung ist der Arzt, aber die Durchführung selbst ist delegierbar und wird meistens durch die in dem OP-Saal eingeteilte Pflegekraft durchgeführt.
  • Geräte-KURZcheck
Wie bereits erwähnt, verlangt die MPBetreibV vor der Verwendung eines Medizinproduktes, die Funktionsfähigkeit und den ordnungsgemäßen Zustand zu überprüfen. Die DGAI empfiehlt, vor dem Anschluss eines Patienten an das Anästhesiegerät immer eine kurze Funktionsprüfung des Gerätes durchzuführen. Ein Teil des Geräte-KURZcheck ist der in der Meldung erwähnte PaF-Test (Pressure and Flow). Insgesamt besteht er aus 3 Teilen:

1. Funktion des Atemsystems

Orientierende Prüfung des Gasflusses, der korrekten Montage des Atemsystems und Testung auf Undichtigkeiten oder Obstruktionen. Hierzu wird zunächst der PaF-Test durchgeführt: Druckbegrenzung des APL-Ventils auf 30 mbar einstellen, den Beatmungsschlauch verschließen, das Atemsystem mit der O2-Flushfunktion füllen und den Handbeatmungsbeutel komprimieren. Es muss ein spürbarer Druck (Pressure) resultieren und bei Freigabe des Beatmungsschlauchs muss ein Gasstrom (Flow) austreten.

Dieser Test soll bei beatmeten Patienten, wie im Fall, vor der Konnektion des Patienten an das Beatmungsgerät durchgeführt werden (z.B. vor dem Transport des Patienten in den OP-Saal).

2. Fließt Sauerstoff?

3. Kommt CO2?

Diese beiden Funktionen werden nach dem Anschluss des Patienten an das Beatmungsgerät überprüft.

Ein weiterer Aspekt des Geräte-KURZcheck besteht in einer Sichtprüfung und umfasst u.a. folgende Aspekte:
Handbeatmungsbeutel vorhanden? Atemkalk nicht erschöpft? Vapor geschlossen? Der gesamte Zeitaufwand für den Geräte-KURZcheck beträgt maximal 1 min und ein Verzicht darauf ist nicht zu rechtfertigen, wie der Melder bereits selbstkritisch anmerkte. Trotzdem ist immer wieder zu beobachten, dass Anästhesisten auf diesen Test verzichten. Wahrscheinlich, weil er nur in den seltensten Fällen auffällig ist und weil es meist die Pflegekräfte sind, die den Gerätecheck durchführen. Psychologen bezeichnen dieses Phänomen als Verantwortungsdiffusion, aber verantwortlich bleibt der Arzt. Die Meldung ist wichtig, denn sie erinnert alle Anästhesisten daran, dass ein Verzicht auf den Geräte-KURZcheck die Patientensicherheit gefährden kann.

Literatur:
  • [1] Prien T, Bürkle H, Czaplik M, et al. Funktionsprüfung des Narkosegerätes zur Gewährleistung der Patientensicherheit – Empfehlung der Kommission für Normung und technische Sicherheit der DGAI. Anästh Intensivmed 2019; 60: 75–83. https://doi.org/10.19224/ai2019.075

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