Fachkommentar zu Fall des Monats 2/2024 KH-CIRS-Netz Deutschland Drucken
02.02.2024

Krankenhaus-CIRS-Netz Deutschland: Fall des Monats „Februar 2024" (1): „Verwerfen einer Blutkonserve durch fehlende Unterschrift des Patienten / Betreuers“

Fachkommentar des Fachbeirats CIRSmedical.de (BDA/DGAI)

Download Fachkommentar Fall-Nr. 259457 (PDF)


Autor: Interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft für klinische Hämotherapie (IAKH) in Vertretung des Berufsverbandes Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten (BDA) und der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie & Intensivmedizin (DGAI)


Problemanalyse
Die Abholung eines EKs, das offensichtlich in elektiver Indikation geplant und angeordnet war, ist die Einleitung einer Prozesskette zur zügigen Verabreichung. Bei weit entfernten Blutdepots im Labor ist eine vorsorgliche Abholung aus Wege und Zeitersparnis eine übliche Praxis, die aber dann wie in diesem Fall auch ihre Risiken birgt. Dieses Ereignis sollte in Zukunft vermieden werden, da Blutkonserven im Allgemeinen als potenziell notwendiges Therapeutikum immer öfter nicht verfügbar sind (siehe Versorgungsengpass, Nachricht des DRK [1] und des Paul-Ehrlich-Instituts [2]), weil diese verfallene Konserve vielleicht einem anderen Patienten das Leben hätte retten können, weil dem Spender ein Aufwand entstanden ist und er den gewissenhaften Einsatz zu Recht erwarten kann.

Folgendes Verbesserungspotenzial ist in diesem Fall vorliegend:
  • Der Prozess, der nicht dringlichen Transfusion, soll erst mit der Bestellung der Blutkonserven eingeleitet werden, wenn:

1. die Indikation eindeutig ist,

2. alle Formalien und Untersuchungen abgeschlossen sind,

3. sichergestellt ist, dass die Therapie auch nach dem Eintreffen der Konserve durch einen anwesenden Arzt zügig abgeschlossen werden kann.

  • Für zukünftige Fälle empfiehlt es sich, bei betreuten Patienten die Einverständniserklärung bzw. Aufklärung mit der Aufnahme des Patienten vorsorglich bereits bei Aufnahme einzuholen bzw. vorzunehmen.
  • Wenn es sich nicht um eine Transfusion im Rahmen einer chronischen Transfusionsserie zum Beispiel bei einer Hämoglobinopathie oder aplastischen Knochenmarkserkrankung handelte, ist die Indikationsstellung zu hinterfragen. Offensichtlich musste keine weitere Konserve bestellt oder die Notfallindikation gestellt werden, weil der Patient ohne die Konserve symptomatisch wurde. Bei nicht-blutenden und asymptomatischen Patienten ist die Indikation sehr restriktiv zu stellen (siehe Querschnittsleitlinien der BÄK [3]).
Die Anforderung in dieser Einrichtung ist vermutlich ohne Angabe der Indikation und Abfrage der formalen Voraussetzungen möglicherweise noch auf Papier möglich. Bei elektronischer Anforderungsmodalität in der Blutbank/Labor könnte durch eine Vernetzung mit dem Krankenhausinformationssystem KIS die elektive, nicht dringliche Konservenbestellung erst dann aktiv werden, wenn erstens alle rechtsgültigen Unterschriften vorliegen und zweitens eine Erklärung zur Indikation bei nicht leitliniengedeckter Situation vom anfordernden Arzt gegeben wird.

Prozessqualität
  1. Fortbildung/VA – alle Ärzte: Indikationsstellung von Erythrozytenkonzentraten nach den aktuellen Querschnittsleitlinien Hämotherapie: Notfall, dringliche und elektive Transfusion
  2. SOP/VA – Station, Pflege/Ärzte: Aufklärung und Einwilligung bei betreuten Patienten, Vorlage/Einholung der Unterschriften
  3. Meldung an die Transfusionskommission

Strukturqualität
  1. GF, TV, IT, Leiter Labor: Einführung einer Vernetzung der Labor/Blutbanksoftware mit dem KIS und Einrichten einer elektronischen Anforderung

Literatur
Häufig verwendete Abkürzungen:
EK Erythrozytenkonzentrat
GF Geschäftsführer/in
IT Informationstechnik/er
SOP Standard Operating Procedure
TV Transfusionsverantwortliche/r
VA Verfahrensanweisung
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