Fall des Monats Februar 2015 Drucken
13.03.2015

CIRSmedical Anästhesiologie - Berichten und Lernen

Schwierige Anästhesieführung bei einem sehr adipösen Patienten in Bauchlagerung


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Der Fall:
(Aus Gründen der Anonymität wird im Folgenden bei Personen stets die männliche Bezeichnung verwendet.)
Schwierige Anästhesieführung bei einem sehr adipösen Patienten in Bauchlagerung
 
Zuständiges Fachgebiet:
Anästhesiologie
 
Wo ist das Ereignis eingetreten?
Krankenhaus – OP

Tag des berichteten Ereignisses:
Wochentag

Versorgungsart:
Routinebetrieb

ASA-Klassifizierung:
ASA III

Patientenzustand:
Kleinwüchsiger Patient mit Adipositas permagna (BMI 41), koronarer Herzkrankheit, arterieller Hypertonie und COPD ohne Therapie

Wichtige Begleitumstände:
Hock-Bauch-Lagerung (Häschenstellung schwierig) bei ausladendem Abdomen, Oberkörperauflage schien sehr kurz, Kopflagerung ebenfalls schwierig.
In Bauchlagerung sind hohe Beatmungsdrücke notwendig: PCV mit Begrenzung bei 30 mbar, Tidalvolumina zwischen 350-400 ml.
Von Beginn an Beschwerde des Operateurs über stärkere venöse Blutung.
Versuch der kontrollierten Hypotension mit Ziel - RRsyst. 90 mmHg (RRmittel >60 mmHg) bei balanciert geführter Narkose.
Zwei peripher-venöse Zugänge an beiden Handrücken.

Fallbeschreibung:
Geplant war eine Dekompression bei lumbaler Spinalkanalstenose. Die Ausgangslaborwerte waren unauffällig. Die Narkose erfolgte durch einen erfahrenen Facharzt und eine erfahrene Pflegekraft. Nach schwieriger Lagerung des Patienten, wie oben beschrieben erfolgt die Narkoseführung über 70 min. mit systolischen Blutdruckwerten zwischen 90-100 mmHg (nicht-invasiv gemessen). Im EKG zeigte sich eine typische Frequenzstarre unter Beta-Blockade-Therapie. 1500 ml Kristalloide wurden bis dahin infundiert. Der Operateur war unzufrieden über stärkere venöse Blutungen aus dem OP-Gebiet und entsprechend schlechter Sicht. Im Sauger war nicht viel Blut. Der Anästhesist dachte an ein mögliches Cava-Kompressions-Syndrom, äußerte diesen Verdacht aber nicht explizit.
Dann kam es plötzlich zu einem Blutdruckabfall und Abfall des endexspiratorischen CO2. Es erfolgten Volumengabe mit Druckinfusion und Gabe von Arterenol (1 mg ad 100 ml NaCl 0,9%) titrierend aus der Hand ohne entsprechenden Effekt. Es erfolgte ein Hilferuf. Der leitende OA und zusätzlich 2 erfahrene Anästhesiepflegekräfte erschienen. Gemeinsam mit dem Operateur wurde entschieden, die OP abzubrechen und den Patienten in Rückenlage zu bringen. Nach Rückenlagerung verbesserte sich die Kreislaufsituation rasch. Eine invasive Blutdruckmessung wurde angelegt und der Patient erhielt 2 EKs bei einem Hb von 9,0 g/dl. Die Kontrolle 15 min. später zeigte folgende Werte: Hb 10,2 g/dl, pH 7,02, BE: - 13 mmol/l, K= 4,2, CO2=64 mmHg (Anm. d. R.: Laborwerte wurden abgeändert). Der Patient wurde beatmet und katecholaminpflichtig auf Intensivstation gebracht. Hier erfolgte die Anlage eines ZVK. Ein Herzinfarkt wurde ausgeschlossen und der Patient konnte bis zum Folgetag stabilisiert werden.

Was war besonders gut?
Schneller Hilferuf und schnelle Entscheidung zum Abbruch der OP. Ebenso eilige Aufhebung der OP-Lagerung mit anschließender Volumen- und Katecholamintherapie.

Was war besonders ungünstig?
Weder bei der schwierigen Lagerung noch während der problematischen OP wurde zwischen Anästhesist und Operateur ernsthaft die Möglichkeit eines V. cava -Kompressionssyndroms kommuniziert.

Eigener Ratschlag (Take-Home-Message)?
Kritischere Überprüfung der Lagerung bei Patienten mit Adipositas permagna durch Operateur und Anästhesisten, gegebenenfalls keine „Häschenstellung“, sondern einfache Bauchlage mit entsprechenden Brust- und Beckenkissen. Bessere und frühzeitige gegenseitige Information über schwierige Narkoseverhältnisse und Operationsverhältnisse.
 
Häufigkeit des Ereignisses?
selten

Wer berichtet?
Ärztin/Arzt

Berufserfahrung:
über 5 Jahre


Die Analyse aus Sicht des Anästhesisten
Dieser Fall beschreibt die manchmal schwierige Situation im OP-Betrieb, bei der der Operateur, der Anästhesist und schließlich der Patient mit seinen Vorbefunden unterschiedliche Interessen vertreten. Eine Operation in der sog. „Häschenstellung“ erfordert stets die besondere Aufmerksamkeit bei der Lagerung und nachfolgenden Anästhesieführung. Handelt es sich um einen Patienten mit BMI von 41, so dürften die Probleme evident sein. In der Tat kam es dann intraoperativ zu erheblichen Problemen sowohl auf Seiten des Anästhesisten als auch auf Seiten des Operateurs. Der Anästhesist war von Anfang an unglücklich, da er nach Lagerung den Patienten nur mit hohen Drucken annähernd beatmen konnte. Der Operateur war mit dem Verlauf unzufrieden und der Anästhesist hat nach seiner Meinung alles Mögliche getan, um die operative Situation zu bessern (venöse Blutung àVersuch einer kontrollierten Hypotension auf systolische Werte von ca. 90 mmHg) – letztendlich ohne Erfolg.
 
Aus der Fallbeschreibung gewinnt man den Eindruck, dass es bis zum Eintreten des Kreislaufzwischenfalls wenig Kommunikation zwischen dem Anästhesisten und dem Operateur gab, dass zumindest Bedenken und Verdachtsdiagnosen vom Anästhesisten nicht ausreichend energisch vertreten wurden. Der Kreislaufzusammenbruch selbst wurde dann durch erfolgreiche Teamarbeit und ohne erkennbare Spätfolgen beherrscht. Es erfolgte ein Hilferuf des Anästhesisten an seinen leitenden Oberarzt, die Pflege wurde durch zwei weitere Pflegekräfte unterstützt, mit dem Operateur wurde nunmehr der zügige Abbruch der Operation besprochen und umgesetzt sowie der Patient wieder in die Rückenlage verbracht. Zu diesem Zeitpunkt hat das Krisenmanagement der Abteilung gegriffen und dem Patienten das Leben gerettet („der Patient konnte bis zum Folgetag stabilisiert werden“).
 
Die grundsätzliche Entscheidung zur Lagerung trifft der Operateur. Hierzu siehe die Analyse aus Sicht des Juristen und die einschlägige Empfehlung von BDA und DGAI zur Verantwortlichkeit der Lagerung [1]. Die Aufgabe des Anästhesisten ist es, den Operateur auf evtl. Einschränkungen oder Kontraindikationen hinzuweisen. Wir wissen aus dem Bericht nicht, ob es ein Time-Out zu Beginn der Operation gab. Zumindest muss das respiratorische Problem zu diesem Zeitpunkt schon bestanden haben. Darüber hinaus sollte man jederzeit die Möglichkeit einkalkulieren, dass man mit dem Operateur eine gemeinsame Analyse der Situation durchführt und quasi ein Time-Out auch während des Eingriffs bedarfsweise wiederholt.
 
Der Melder schildert diesen Bericht mit vielen Details – herzlichen Dank dafür! Daraus lassen sich einige vorsichtige Rückschlüsse ziehen. Naturgemäß wollen wir dabei weder urteilen noch kritisieren sondern Anregungen geben, um im Wiederholungsfall solche schweren Komplikationen zu vermeiden.
 
Der Patient weist bei Adipositas per magna, koronarer Herzkrankheit, arterieller Hypertonie (!) und einer begleitenden – nicht therapiepflichtigen – COPD zu Recht die ASA Gruppe III auf. Im weiteren Verlauf heißt es im Bericht „typische Frequenzstarre unter Beta-Blockade-Therapie“, so dass man annehmen kann, dass ein Beta Blocker im Rahmen der antihypertensiven Therapie eingesetzt wurde. Dessen Nebenwirkungen auf das Bronchialsystem dürften die Beatmungssituation in Bauchlagerung zusätzlich ungünstig beeinflusst haben.
 
Der Melder schildert, dass in Bauchlagerung bei einem PCV begrenzten Druck von 30 mbar Tidalvolumina von 350 – 400 ml erreicht werden konnten. Somit wies der Patient in dieser Lagerung eine totale Compliance zwischen 11 und 14 ml/mbar auf. Allein diese Zahlen zeigen, dass eine effektive Beatmung des Patienten in Bauchlagerung kaum gelingen konnte. Die später festgestellte respiratorische Azidose von CO2=64 mmHg spricht eine deutliche Sprache.
 
Die Erfahrung zeigt ferner, dass bei solchen Patienten die Indikation für ein invasives Monitoring großzügig gestellt werden sollte. Zumal die nicht invasive Blutdruckmessung bei adipösen Patienten leicht falsch hohe Werte liefern kann. Wenn man sich dann zu einer Blutdrucksenkung entschließt, so erscheint die Patientengefährdung ohne invasive Blutdruckmessung unnötig hoch. Schließlich sollte man bei der Entscheidung zur Blutdrucksenkung bedenken, dass der Patient einen Hypertonus und eine KHK aufwies. Beide Faktoren können den niedrigsten tolerablen Blutdruck signifikant beeinflussen. Leider wissen wir nicht, auf welchem Druckniveau der Patient durch seine Therapie eingestellt war. Ein Mitteldruck von ungefähr 60 mmHg ist jedenfalls für diesen Patienten kritisch zu beurteilen. Erst nach Abbruch der Operation und Verbringung des Patienten in Rückenlagerung konnte eine Diagnostik erfolgen (BGA), und Azidose und Anämie behandelt werden.
 
Der Melder berichtet, dass der Operateur sich vor allem über eine stärkere venöse Blutung beschwert habe. Dies weist darauf hin, dass es sich vor allem um eine Stauung vor dem Thorax gehandelt haben muss (hohe Beatmungsdrucke und/oder Cava-Kompression kommen ursächlich in Betracht). Die Indikation zur arteriellen Blutdrucksenkung erscheint in diesem Zusammenhang bedenkenswert, wenn auch im Zusammenhang mit kontrollierter Hypotension immer wieder von einer Minderung der venösen Perfusion geschrieben wird.
 
In den einschlägigen Lehrbüchern wird die kontrollierte Hypotension stets als Methode zur Senkung von intraoperativen Blutverlusten beschrieben [Auswahl von Lehrbüchern: 2, 3, 4, 5]. Generell versteht man unter kontrollierter Hypotension die intentionelle, pharmakologische Senkung des systolischen Blutdruckes auf 80 mmHg, bzw. des mittleren arteriellen Druckes auf 50 mmHg (somit eher weiterreichend als im geschilderten Fall). Dabei ist eine Reduktion des Blutverlustes auf bis zu 50% u.a. bei orthopädischen Wirbelsäuleneingriffen möglich. Als eine Grundvoraussetzung wird die Aufrechterhaltung der Normovolämie genannt; eine Transfusion bei Hämoglobinkonzentration von unter 10 g/dl empfohlen. (Anmerkung der Red.: Der absolute Wert von 10 g/dl wird in vielen Publikationen genannt; es ist unser Meinung nach immer eine individuelle Entscheidung, ob eine Transfusion erforderlich ist oder nicht). Insoweit stimmen die eingeleiteten Maßnahmen nach dem Zwischenfall bestens mit den Anforderungen überein. Als weitere Grundvoraussetzung gilt die invasive Überwachung des arteriellen Blutdruckes. Als Kontraindikationen werden Patienten genannt, deren physiologische Autoregulation der Organperfusion eingeschränkt ist, d.h. Patienten mit Gefäßsklerose, peripherer arterieller Verschlusskrankheit, zerebral-vaskulärer Insuffizienz, langdauernder Hypertonus Anamnese, Angina-pectoris Beschwerden, Myokardinfarktanamnese, Hypovolämie, Anämie sowie Patienten mit laborchemischen Zeichen einer Nieren- bzw. Leberinsuffizienz [6]. Die Beurteilung inwieweit eine dieser Kontraindikationen im vorliegenden Fall wirksam war, entzieht sich unserer Betrachtung, ist aber sicher bedenkenswert.
 
Nach der Rücklagerung fand man eine dekompensierte, kombinierte metabolische und respiratorische Azidose mit einem pH Wert von 7,02. Dies zu einem etwas späteren Zeitpunkt, da zunächst noch ein arterieller Zugang etabliert werden musste. Man kann vorsichtig vermuten, dass der pH Wert zum Zeitpunkt des Kreislaufeinbruchs (an dem Noradrenalin aus der Hand dann keine Wirkung mehr zeigte) noch deutlich unter 7,0 lag, somit die unmittelbare Gefahr eines Kreislaufstillstandes gegeben war. Der Grund für die respiratorische Komponente dieser extremen Azidose ist durch die Schwierigkeiten der Beatmung (s.o.) ausreichend begründet. Dies stellt für sich nicht unbedingt eine absolute Gefährdung dar, sondern diese ergibt sich aus der Kombination mit der metabolischen Azidose (BE – 13 mmol/l).
 
Die Ursache für die metabolische Komponente der Azidose ist etwas komplexer in der Beurteilung. Uns wird berichtet, dass der Anästhesist an ein Cava-Kompressions-Syndrom gedacht hat. Eine durchaus mögliche und richtige Einschätzung. Das Kompressionssyndrom würde zu einer Minderperfusion der unteren Körperhälfte geführt haben mit der Konsequenz einer resultierenden Lactazidose. Leider ist der Lactatspiegel nicht ermittelt oder nicht berichtet. Nach Rücklagerung hätte sich die Durchblutung gebessert und die azidotischen Valenzen in den Gesamtkreislauf gespült. Somit könnte die metabolische Azidose auch in Folge der Rücklagerung und besseren Durchblutungssituation (Aufhebung des Cava-Kompressions-Syndroms) entstanden sein. Alternativ ist es denkbar, dass die Azidose auch durch den Versuch der kontrollierten Hypotension verstärkt wurde und bereits intraoperativ wirksam war. Bei vorausgeplanter invasiver Überwachung des Blutdruckes mit der Möglichkeit jederzeit arterielle Blutgasanalysen durchzuführen, wäre dieser Verlauf klarer zu erkennen und besser zu antizipieren gewesen.
 
Erfreulich ist zum Schluss die vom Einsender selbst formulierte Take-Home-Message: „Kritischere Überprüfung der Lagerung bei Patienten mit Adipositas per magna durch Operateur und Anästhesisten, gegebenenfalls keine "Häschenstellung" sondern einfache Bauchlage mit entsprechenden Brust- und Beckenkissen. Bessere und frühzeitige gegenseitige Information über schwierige Narkoseverhältnisse und Operationsverhältnisse.“ Dem ist nichts hinzuzufügen, werden doch die entscheidenden Probleme diese Falles angesprochen: die anästhesiologisch medizinische Beurteilung der Gesamtsituation, die Abwägung der berechtigten Interessen des Operateurs und die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Operateur.
 
Eine schwierige Anästhesie-Situation wurde erkannt und die Probleme in Absprache mit allen Beteiligten schlussendlich gelöst. Dies ist der Stoff, der die Patientensicherheit in der Anästhesie ausmacht. Großartig ist ferner, dass der Fall berichtet wurde und so allen zur Information dienen kann.


 
Die Analyse aus Sicht des Anästhesisten
„Vor beginnen – wohl besinnen – lässt gewinnen“ – so lautet die Inschrift auf einem Erker in Meersburg am Bodensee. Dies gilt auch für die Lagerung des Patienten auf dem Operationstisch. In der grundlegenden Vereinbarung von 1982 über die Zusammenarbeit bei der operativen Patientenversorgung [7] wird festgestellt, dass die Lagerung eine gemeinsame Aufgabe von Chirurg und Anästhesist ist. Diese Grundsatzaussage wurde 1987 durch ein Zusatzabkommen zur Lagerung differenzierter geregelt [1]. Das Abkommen unterscheidet vier Phasen. Bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Patient für die Operation gelagert wird, bleibt der Anästhesist für die Lagerung des Patienten zur Einleitung des Anästhesieverfahrens und für die Überwachung der Lagerung verantwortlich; eingesetzte Hilfskräfte, die bei der Lagerung des Patienten mitwirken, unterstehen insoweit dem Anästhesisten, auch wenn sie dienstplanmäßig einer anderen Abteilung zugeordnet sind. Über die Lagerung zur Operation entscheidet  der Operateur, da Methode und Technik der Lagerung sich in erster Linie nach dem operativen Vorgehen richten. Ausnahme: Der Anästhesist ist verantwortlich für die Lagerung der Extremitäten, die er für die Überwachung der Anästhesie sowie für die Applikation von Anästhetika und Infusionen benötigt. Bleibt der Patient unter der Obhut des Anästhesisten postoperativ im Aufwachraum, so trägt der Anästhesist von der Umlagerung des Patienten vom Operationstisch bis zur Abgabe an die Bettenstation auch die Verantwortung für die Lagerung und die Überwachung eventueller Lageveränderungen, es sei denn, aus besonderen Gründen ist die Mitwirkung des Operateurs erforderlich. Wird der Patient auf die Normalstation verlegt, so trägt das Personal der Station die Verantwortung für die Lagerung.
 
Auch wenn die Lagerung zur Operation in den Verantwortungsbereich des Operateurs fällt so gilt hier wie generell, wenn der Anästhesist "Kontraindikationen" bezüglich des vom Operateur gewollten Vorgehens erkennt: Hat der Anästhesist gegen die vom Operateur gewünschte Lagerung Bedenken, etwa wegen einer Erschwerung der Überwachung, des Einflusses auf Vitalfunktionen und gegebenenfalls wegen Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen oder wegen des Risikos von Lagerungsschäden, so hat er den Operateur darauf hinzuweisen, vorzugsweise schriftlich dokumentiert. So  regelt es Ziff. 2 der Vereinbarung für prä-, intra- und postoperative Lagerung des Patienten. Dort ist weiter festgelegt, dass der Operateur die für und gegen die Lagerung sprechenden Gesichtspunkte gegen einander abzuwägen hat und für diese Abwägung dann die ärztliche und rechtliche Verantwortung trägt.
Ist, wie es im geschilderten Fall wohl auch zu bedenken war, die Lagerung mit einem erhöhten Risiko für den Patienten verbunden und erkennt der Anästhesist dies, dann weist er den Operateur auf diese Risiken hin, der Operateur hat  die vom Anästhesisten vorgetragenen Bedenken im Rahmen seiner Abwägung für oder gegen die Lagerungsform zu berücksichtigen.
An die Entscheidung desOperateurs für oder gegen die Lagerungsmaßnahmen ist der Anästhesist im Rahmen des Vertrauensgrundsatzes gebunden. Dieser Grundsatz bedeutet aber auch, dass der Anästhesist offensichtlich fehlsame oder falsche Entscheidungen des Operateurs nicht respektieren darf, sondern sich bemühen muss, im Rahmen seiner Möglichkeiten drohende Schäden vom Patienten abzuwägen.
Ob und welche fachlichen Bedenken sich dem Anästhesisten schon zu Beginn der gewünschten Lagerungsmaßnahme hätten aufdrängen müssen, ist eine fachliche Frage, die der Jurist nicht zu beantworten hat, sondern auf die im Rahmen der anästhesiologischen Analyse schon eingegangen wurde.

 

Take-Home-Message

  • Die Lagerung zur Operation ist vom Operateur zu verantworten. Der Anästhesist hat den Operateur aber auf ihm erkennbare Probleme bzw. Kontraindikationen aus anästhesiologische Sicht gegen die im konkreten Fall unter Berücksichtigung des individuellen Patientenzustands geplanten Lagerungsmaßnahmen hinzuweisen.
  • Die Kommunikation zwischen Operateur und Anästhesist sollte stets auf Augenhöhe stattfinden. Gegebenenfalls müssen beide Partner auch intraoperativ ein „Time-Out“ durchführen, um die aktuelle Problematik und das weitere Vorgehen zu besprechen. Hierzu ist es erforderlich, dass beide Partner ihre Problematik objektiv schildern und bereit sind, gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen.
  • Das Ausmaß des intraoperativen Monitorings richtet sich nach den Grundkrankheiten des Patienten und nach den intraoperativ zu erwartenden oder zu beobachteten Besonderheiten.
  • Vor Einleitung einer kontrollierten Hypotension sollte ein arterieller Zugang gelegt werden.


Weiterführende Literatur:
Autoren:
Prof. Dr. med. W. Heinrichs, AQAI GmbH, Mainz
Dr. iur. E. Biermann, Berufsverband Deutscher Anästhesisten, Nürnberg
Prof. Dr. med. A. Schleppers, Berufsverband Deutscher Anästhesisten, Nürnberg
Dipl.-Sozialw. T. Rhaiem, Berufsverband Deutscher Anästhesisten, Nürnberg

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